Mittwoch, 1. August 2007

Zitate - ausgewählte Kapitel

Zitate aus der Originalarbeit:

Kapitel:

1. EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG:

Selbsthilfegruppen - dieses Wort habe ich bei einem Besuch am "Tag der offenen Tür" in der Psychosomatischen Klinik in Bad Herrenalb, BRD, im Sommer 1979
das erstemal gehört. Ich war verwirrt und beeindruckt und bewarb mich um ein Praktikum in der Klinik. Dieses Praktikum verlief sehr ungewöhnlich - die Struktur
der Klinik verlangt eine völlige Miteinbeziehung der Therapeuten und Praktikanten in den Prozeß der therapeutischen Gemeinschaft. Über das Konzept der Klinik,
in das Selbsthilfegruppen einbezogen sind, gibt eine Dissertation (HAMBRECHT, 1982) und ein Erlebnisbericht mit einem Dialog Patient-Arzt (LAIR & LECHLER,
1983) Auskunft. Darin wird auch das Modell einer ganzheitlichen "Sozio-psycho-somatischen Medizin" beschrieben, das neben der gesellschaftlichen, psychischen
und körperlichen Dimension des Krank-seins auch eine spirituelle Dimension aufnimmt. Im Jahre 1979 existierte diese Literatur allerdings noch nicht, und ich war
mit meinem "wissenschaftlichen" Verständnis von Psychotherapie völlig auf das Erleben der Situation angewiesen. Diese intensive Teilnahme am Klinikbetrieb,
das scheinbare Fehlen von "Therapieplänen", die offenbare Kontraindikation von "Therapeutischer Abstinenz", das Fehlen einer schützenden "Praktikantenrolle",
das ständige Hinweisen auf das Erfahrungsgut der Selbsthilfegruppenbewegung verwirrten und beeindruckten mich so sehr, daß ich begann, mich mit der Literatur
der Selbsthilfegruppen auseinanderzusetzen. Ich nahm an vielen Gruppensitzungen der "Emotions Anonymous", der "Overeater Anonymous", der "Narcotic
Anonymous" und der "Anonymen Alkoholiker" teil und setzte mich dabei mit unzähligen Erlebnisberichten, dem Krankheits- und Suchtmodell dieser Bewegung und
mit meinen Rollenkonflikten auseinander. Ich schwankte immer wieder zwischen Ablehnung und Bewunderung, vieles des Erlebten und Gehörten klang so überzeichnet,
so vereinfacht, so berauscht von Begeisterung, daß ich mich auch nach meiner Rückkehr nach Österreich intensiv mit dieser Thematik auseinandersetzte. Wie könnte
es möglich werden, das Erlebte zu objektivieren? Ich begann, alles an Literatur zu sammeln, das ich in den "Psychological Abstracts", dem "Social Science
Citations Index" und in den Neuerscheinungslisten finden konnte. Dabei wurde sehr schnell deutlich, daß das meiste an erschienenen Büchern und Artikeln blosse
Beschreibungen waren, daß empirische Arbeiten kaum aufzutreiben waren. Dazu kam noch das offensichtliche Desinteresse der Selbsthilfegruppenbewegung an
empirischer Evaluierung. Dennoch faßte ich den Entschluß, eine Dissertation zum Thema "Selbsthilfegruppen" zu verfassen. Ich rang um ein empirisch faßbares Thema.
Der Themenbereich schien viel zu komplex. Schließlich entschied ich mich zu einer Erkundungsstudie über "Anonyme Alkoholiker", ich wollte empirische Daten
über soziodemographische Herkunft, über Alkoholismuskarriere, die Beteiligung an der Selbsthilfegruppe und schließlich über einige Persönlichkeitsmerkmale
erheben. Die empirischen Vorarbeiten stammten alle aus dem englischsprachigen Raum, für den deutschen Sprachraum betrat ich Neuland. Meine Arbeit sollte daher ein erster Schritt sein in Richtung "Evaluierung", mein Hauptinteresse galt dem Genesungsverlauf innerhalb des Selbsthilfegruppenprozesses. Dabei war am Anfang
völlig unklar, ob es mir gelingen würde, Zugang zu einer Stichprobe zu finden; dennoch wollte ich mich diesem Wagnis stellen.


4. FRAGESTELLUNGEN DER VORLIEGENDEN UNTERSUCHUNG

...ff:
In einer Erkundungsstudie sollte erstmals für den deutschen Sprachraum eine "AA" - Stichprobe hinsichtlich ihrer soziodemografischen Herkunft, der Alkoholismuskarriere, der Beteiligung am "AA-Lebensstil", der Selbstbildmerkmale und Persönlichkeitsmerkmale untersucht werden. Besonderes Augenmerk sollte dabei der genauen Beschreibung der Stichprobe sowie einer möglichst genauen Erfassung der Alkoholismuskarriere gelten, um für einen zukünftigen Vergleich mit anderen Stichproben möglichst viele einfliessende Variablen kontrollieren zu können. Die Hauptfragestellungen sollten sich auf das Aufspüren eines "Genesungsverlaufes" und auf mögliche Prädiktoren der Beteiligung am "AA-Lebensstil" beziehen. Eine Erkundungsstudie schien ratsam, da a-priori die Stichprobengrösse und -zusammensetzung unbekannt war und sie den Vorteil bietet, durch nicht zu eng gefaßte Hypothesen den Informationsgewinn zu erhöhen. Auf die Besonderheiten der Selbsthilfegruppenforschung sollte Rücksicht genommen werden, das heißt das Forschungsziel sollte mit dem Ziel der "AA" vereinbar sein und die Belastung der Probanden durch die Untersuchung sollte möglichst gering gehalten werden. Auf einen Vergleich mit einer Kontrollgruppe sollte im Sinne von ROBINSON (1979) verzichtet werden, daür sollte versucht werden, die erfaßte Stichprobe a-posteriori hinsichtlich der Abstinenzdauer in möglichst viele inhaltlich sinnvolle und statistisch verwertbare Gruppen zu teilen. Ziel dieser Untersuchung sollte das Aufspüren zukünftiger Forschungsziele mit konkret formulierten Hypothesen sein. Angeregt wurde diese Arbeit durch empirische Studien aus den USA (HALL, 1973; VAIL, 1974) an "AA"-Stichproben und diversen anderen, im vorhergegangenen Kapitel dargestellten Untersuchungen. Folgende Fragestellungen wurden für die vorliegende Untersuchung formuliert:

1. Wie setzt sich die für die vorliegende Untersuchung zur Verfügung stehende Stichprobe von "AA-Teilnehmern" hinsichtlich dem soziodemografischen Hintergund, der Alkoholismuskarriere und der Beteiligung an "AA" zusammen?

2. Lassen sich aus der zur Verfügung stehenden Stichprobe inhaltlich sinnvolle und statistisch brauchbare Gruppen mit unterschiedlich langer Abstinenzdauer bilden?

3. Unterscheiden sich die Abstinenzdauergruppen hinsichtlich der soziodemografischen Variablen, der Variablen der Alkoholismuskarriere und der Beteiligung an "AA" voneinander?

4. Lassen sich in denVariablen der Alkoholismuskarriere mögliche Prädiktoren für die Teilnahme an "AA" finden?

5. Unterscheiden sich die Abstinenzdauergruppen in ihrem Selbstbild?

6. Unterscheiden sich die Abstinenzdauergruppen in ihrer Tendenz, in Richtung sozialer Erwünschtheit zu reagieren?

7. Unterscheiden sich die Abstinenzdauergruppen in ihren Persönlichkeitsmerkmalen?

Die Bedeutung in der Beantwortung dieser Fragestellungen lag darin, für den deutschen Sprachraum erste empirische Befunde zu sammeln um künftige Forschungsziele konkret formulieren zu können.


5. DURCHFÜHRUNG DER UNTERSUCHUNG

5.1. Der Untersuchungsablauf

Die Vorgangsweise war bestimmt durch die in Kapitel 3.1 und 3.9.3. dargestellten Besonderheiten, die sich bei der Erforschung von Selbsthilfegruppen ergeben.
Eine Anfrage an die Kontaktstelle der deutschen "AA" um Empfehlungen und Unterstützung für die geplante Untersuchung wurde mit der Begründung, daß sich "AA" nicht an "öffentlichen Streitfragen" beteiligt, abgewiesen. Eine gleichzeitig an das "General Service Board of Alcoholics Anonymous" in New York gerichtete Anfrage
erbrachte eine Zustimmung. In diesem Schreiben (siehe Anhang) wurden konkrete Vorschläge für die Abwicklung eines Forschungsvorhabens gemacht. Demnach
war darauf zu achten, daß die Untersuchung auf einer persönlichen Basis verlief, das heißt, einzelne "AA"-Mitglieder und nicht "AA"- Gruppen als Ganzes sollten
an der Befragung teilnehmen. Weiters mußte die vollständige Anonymität gewahrt bleiben und es durften keine Aussagen, die "AA als Ganzes" betreffen, gemacht werden.

Die Begfragung wurde im Zeitraum Juni-Juli 1982 durchgeführt. Es gelang, sieben aktive "AA"-Mitglieder aus sieben österreichischen "AA"-Gruppen als Kontaktpersonen zu gewinnen und mit der Durchführung der Befragung zu beauftragen. Sie wurden nach der telefonischen Kontaktaufnahme vom Versuchsleiter
schriftlich instruiert (siehe Anhang). Nach dem sich die Kontaktpersonen mit dem an sie gesandten Fragebogen beschäftigt hatten und zur Mitarbeit entschieden hatten (eine Kontaktperson von den anfänglich acht befragten sagte ab), brachten sie einen Aushang in ihrem Gruppenlokal an (siehe Anhang). Nach einer Woche fragten sie, wieviele Gruppenmitglieder bereit wären, an der Untersuchung teilzunehmen und teilten diese Zahl dem Versuchsleiter mit. Daraufhin bekamen sie die
gewünschte Fragebogenanzahl zugesandt und verteilten sie in ihrer Gruppe. Nach der vereinbarten Frist von zwei Wochen sammelten die Kontaktpersonen die
Fragebögen ein und schickten sie an den Versuchsleiter. Die Fragebögen waren kodiert, so daß es möglich war, nach der Auswertung der Selbstbild- und
Persönlichkeitsbefunde die Ergebnisse in Form eines standardisierten Ergebnisblattes (siehe Anhang) in verschlossenen Kuverts durch die Kontaktperson an
diejenigen "AA"-Mitglieder auszuteilen, die angegeben hatten, daß sie ihre Ergebnisse erfahren wollten. Nach einigen Wochen erfolgte ein Abshlußgespräch mit den
Kontaktpersonen über ihre Erfahrungen mit der Untersuchung und den Reaktionen der Probanden auf ihre mitgeteilten Ergebnisse. Damit konnte zum Teil der
Auffassung von MOELLER (1978) entsprochen werden, daß Selbsthilfegruppenforschung den Zweck haben soll, ihre Ergebnisse in den Selbsthilfeprozeß
rückfliessen zu lassen.

7.7. SCHLUSSBEMERKUNGEN

...ff:
-schließlich bleibt zu hoffen, daß die Verständigung zwischen Selbsthilfegruppen und Forschung verbessert wird. Nachdem es kaum Mitglieder von Selbsthilfegruppen geben wird, die in die Forschung gehen, wird es also eher bei den Forschern liegen, in die Selbsthilfethematik einzusteigen - und das kann nur heissen, den nahen Kontakt zu suchen, das Erlebte zu akzeptieren, und den Versuch zu unternehmen, auf einer abstrakten Ebene wieder "autzutauchen" - das, was eben hinter mir liegt und wirklich nicht leicht war.

8. ZUSAMMENFASSUNG:

Angeregt wurde diese Arbeit durch das Fehlen jeglicher empirischer Befunde für "AA" - Stichproben im deutschen Sprachraum, durch teilnehmende Beobachtung an Selbsthilfegruppen und durch die anglo- amerikanischen Arbeiten von HALL (1973) zum Selbstbild und von VAIL (1974) zur Persönlichkeit von "AA" - Stichproben.

Die Untersuchung wurde als Erkundungsstudie angelegt, mittels Fragebogen wurden Variablen zum soziodemografischen Hintergrund, zur Alkoholismuskarriere, Abstinenzdauer, Beteiligung an der Selbsthilfegruppe, zum Selbstbild, zur sozialen Wünschbarkeit und Persönlichkeitsmerkmale erhoben. Verwendet wurden ein selbstverfertigter Personaldatenfragebogen, der JELLINEK-Fragebogen (ANONYME ALKOHOLIKER, 1980), die Soziale Wünschbarkeitsskala nach EDWARDS, "SDS-E", (LÜCK & TIMAEUS, 1968), der Giessen-Test"GT-S",(BECKMANN & RICHTER, 1972) und das Freiburger Persönlichkeitsinventar "FPI" FAHRENBERG, HAMPEL & SELG, 1970). Auf gerichtete Hypothesen wurde verzichtet, die Fragestellungen bezogen sich auf die soziodemografische Herkunft, Alkoholismuskarriere, "AA"-Beteiligung sowie auf Unterschiede zwischen Gruppen mit verschieden langer Abstinenzdauer in den Werten von GT-S, SDS-E und FPI.

An der Untersuchung nahmen 68 "AA"-Teilnehmer als Versuchspersonen teil, sie wurden durch Kontaktpersonen in "AA" instruiert. Die Auswertung erfolgte für die soziodemografischen-, Alkoholismus- karriere-, und "AA"-Beteiligungsvariablen deskriptionsstatistisch. Unterschiede in den Häufigkeits- verteilungen der Kreuztabellierungen von soziodemografischen-, Alkoholismuskarriere- und "AA"- Beteiligungsvariablen wurden mittels Pearson-Chi-Quadrat-Test geprüft. Verwendet wurde das BMDP (DIXON et.al., 1981).

Dabei zeigte sich, dass die angegebene Trinkmenge mit Zunahme der Abstinenzdauer steigt, dass "AA"- Teilnehmer mit grösserer Trinkmenge und schweren sozialen Schäden sich intensiver am "AA"-Lebensstil beteiligen, dass "AA"-Mitglieder, die täglich getrunken haben häufiger von Anfang ihrer "AA"- Beteiligung an abstinent geblieben sind, dass solche, die von Anfang an abstinent geblieben sind häufiger als andere noch trinkenden Alkoholikern helfen und dass die Beteiligung am "AA"-Lebensstil mit zunehmender Abstinenzdauer steigt. Ältere "AA"-Mitglieder suchen häufiger die Hilfe eines erfahrenen "AA"-Mitgliedes und haben bevor sie zu "AA" kamen weniger häufig die Erfahrung gemacht, dass das Sprechen über Probleme eine Hilfe sein kann.

Der nächste Schritt der Auswertung war die Bildung von vier Abstinenzdauergruppen, deren Mittelwerte in den Ergebnissen des GT-S, der SDS-E und des FPI mittels zweifacher Varianzanalysen auf Unterschiede geprüft wurden. Dabei wurden im GT-S signifikante Unterschiede in der Skala "Grundstimmung" (p<.05) und "Mittankreuzung" (p<.01) für den Haupteffekt Abstinenzdauer gefunden. Multiple BONFERRONI-t-Tests zeigen, dass sich "AA"-Teilnehmer mit einer Abstinenzdauer von 0 bis 6 Monaten als häufiger bedrückt und eher abhängig einschätzen als "AA"-Teilnehmer mit einer Abstinenzdauer von 2 bis 4 Jahren. Für die SDS-E wurden signifikante Unterschiede für den Haupteffekt Abstinenzdauer gefunden (p<.05). Multiple BONFERRONI t-Tests zeigen, dass "AA"-Teilnehmer mit einer Abstinenzdauer von 0 bis 6 Monaten signifikant mehr "sozial unerwünschte" Antworten geben als "AA"-Teilnehmer mit einer Abstinenzdauer von mehr als 4 Jahren. Im FPI finden sich in den Skalen "Depressivität" (p<.01), "Gelassenheit" (p<.05), und "Maskulinität" (p<.05) signifkante Unterschiede für den Haupteffekt Abstinenzdauer. Multiple BONFERRONI t.Tests zeigen, dass sich "AA"-Teilnehmer mit einer Abstinenzdauer von 0 bis 6 Monaten als missgestimmter und selbstunsicherer erleben als "AA"-Teilnehmer mit einer Abstinenzdauer von 2 bis 4 Jahren und über 4 Jahren. In den FPI-Skalen "Geselligkeit" (p<.05) und "Extraversion" (p<.05) finden sich signifikante Geschlechtsunterschiede. Weibliche "AA"-Teilnehmer haben mehr Wünsche nach Geselligkeit und höhere Werte im Faktor Extraversion als männliche "AA"-Teilnehmer.

Der letzte Auswertungsschritt bestand aus einer Faktorenanalyse, in die die 21 Skalen des GT-S, der SDS-E und des FPI einflossen. Das erbrachte eine Reduzierung auf 4 Faktoren. In zweifachen Varianzanalysen wurden die Mittelwerte der Faktorenskores der vier Abstinenzdauergruppen auf Signifikanz der Unterschiede geprüft. Dabei zeigt sich für die im Faktor 1 umschriebene "Depressivität" eine Tendenz (p<.10) für den Haupteffekt Abstinenzdauer. Mit Zunahme der Abstinenzdauer nimmt die "Depressivität" ab. Für die im Faktor 2 umschriebene "Geselligkeit" zeigt sich eine Tendenz (p<.10) für den Haupteffekt Geschlecht. Weibliche "AA"-Teilnehmer sind "geselliger" als männliche "AA"-Teilnehmer.

Montag, 30. Juli 2007

Soziodemografischer Hintergrund, Alkoholismuskarriere, Abstinenzdauer, Selbstbild und Persönlichkeit von genesenden Alkoholikern: Eine Erkundungsstudie an "Anonymen Alkoholikern" in Österreich. Hans Praschniker, Dissertation Universität Graz, 1984

Abstracts

Mittels selbstverfertigten Personaldatenfragebogens, JELLINEK-Fragebogens (ANONYME ALKOHOLIKER, 1980), der Sozialen Wünschbarkeitsskala nach EDWARDS "SDS-E" (LÜCK & TIMAEUS, 1968), des Gießen- Tests "GT-S" (BECKMANN & RICHTER, 1972) und des Freiburger Persönlichkeitsinventars "FPI" (FAHRENBERG, HAMPEL & SELG, 1970) wurden in einer Erkundungsstudie Variablen zum soziodemografischen Hintergrund, zur Alkoholismuskarriere, Abstinenzdauer, zur Beteiligung an der Selbsthilfegruppe, zum Selbstbild, zur Sozialen Wünschbarkeit und Persönlichkeitsmerkmale erhoben. An der Untersuchung nahmen 68 "AA"-Mitglieder (42 Männer, 26 Frauen) teil, die durch Kontaktpersonen in "AA" instruiert wurden. Die Pbn waren zwischen 24 und 72 Jahre alt (x-quer = 42,0), verfügten über gute Schulbildung, lebten mehrheitlich bei ihren Familien und hatten gute Arbeitsverhältnisse. Das Alkoholproblem existierte im Schnitt 12 Jahre lang, etwa die Hälfte der Pbn hatte durch das Trinken weder körperliche noch soziale Schäden erlitten. 70% der Pbn hatten täglich getrunken, die täglich durchschnittlich konsumierte Menge reinen Alkohols lag bei 268 Millilitern. 20% der Pbn konsumierte ausschliesslich harte Alkoholika, der JELLINEK-Fragebogen wurde im Schnitt mit 22 Ja-Antworten beantwortet. Die Pbn waren im Schnitt seit dreieinhalb Jahren bei "AA", die Werte streuten von einem Monat bis 15 Jahren. Mehr als die Hälfte aller Pbn hatte seit Beginn der der "AA"-Teilnahme keinen Rückfall erlitten, der Durchschnitt geht ein bis zweimal in der Woche ins Meeting. Die überwiegende Mehrheit hatte schon von den ersten Meetings einen positiven Eindruck und beteiligt sich rege am "AA"-Lebensstil. Vier Abstinenzdauergruppen wurden gebildet (0 bis 6 Monate, 6 Monate bis 2 Jahre, 2 bis 4 Jahre, über 4 Jahre) und mittels Chi-Quadrat-Tests wurden die Häufigkeitsverteilungen der Kreuztabellierungen der Variablen "Alkoholismuskarriere" und "AA-Lebensstil" auf Unterschiede geprüft. Dabei zeigte sich, dass die angegebene Trinkmenge mit Zunahme der Abstinenzdauer steigt, dass Pbn mit grösserer Trinkmenge und schweren sozialen Schäden sich intensiver am "AA"-Lebensstil beteiligen, dass Pbn, die täglich getrunken haben häufiger von Anfang ihrer "AA"-Beteiligung an abstinent geblieben sind, daß solche, die von Anfang an abstinent geblieben sind häufiger noch trinkenden Alkoholikern helfen und daß die Beteiligung am "AA"-Lebensstil mit zunehmender Abstinenzdauer steigt. Ältere Pbn suchen häufiger die Hilfe eines erfahrenen "AA"-Mitgliedes und hatten, bevor sie zu "AA" kamen, weniger häufig die Erfahrung gemacht, daß das Sprechen über Probleme eine Hilfe sein kann. Die varianzanalytische Prüfung der Mittelwerte der vier Abstinenzdauergruppen erbrachte für den "GT-S" ein signifikantes Ergebnis in der Skala "Grundstimmung"; Pbn mit einer Abstinenzdauer von 0 bis 6 Monaten schätzen sich als häufiger bedrückt und abhängig ein als Pbn mit einer Abstinenzdauer von 2 bis 4 Jahren. In der "SDS-E" gaben Pbn mit einer Abstinenzdauer von 0 bis 6 Monaten signifikant mehr "sozial-unerwünschte" Antworten als Pbn mit einer Abstinenzdauer von über 4 Jahren. Im "FPI" stellten sich Pbn mit einer Abstinenzdauer von 0 bis 6 Monaten signifikant "mißgestimmter" (Skala Depressivität), "irritierbarer" (Skala Gelassenheit) und weniger "durchsetzend" (Skala Maskulinität) dar als Pbn mit einer Abstinenzdauer von 2 bis 4 Jahren. Geschlechtsunterschiede wurden für die "FPI"-Skalen "Geselligkeit" und "Extraversion" gefunden. Weibliche Pbn schildern sich als "geselliger" und "extravertierter" als männliche Pbn.

Hans Praschniker

Dissertation an der Universität Graz

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